Global denken - lokal Handeln: der kommunale Beitrag zum Klimaschutz
Welchen Beitrag können Städte und Gemeinden zum Klimaschutz leisten?
Anrede,
der Klimawandel ist eines der wichtigsten globalen Probleme und stellt uns vor große Herausforderungen.
Das gilt weltweit - ebenso aber für Schleswig-Holstein, dem Land zwischen den Meeren.
Etwa ein Viertel unserer Landfläche mit fast 350.000 Einwohnern sind überflutungsgefährdete Küstenniederungen.
Deshalb rechnen wir bei unseren Küstenschutzplanungen bereits einen Meeresspiegelanstieg von 50 Zentimetern bis zum Jahr 2100 ein. Damit liegen wir nach den aktuellen IPCC-Prognosen richtig.
Um den Küstenschutz auf dem hohen Niveau zu halten, geben wir bereits heute etwa 45 bis 50 Millionen Euro pro Jahr aus. Ein Beispiel dafür, dass der Klimawandel hohe Kosten verursacht.
Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vorgeschlagen, den Treibhausgas-Ausstoß auf eine bestimmte Menge pro Kopf der Bevölkerung festzulegen. Um die Menge der globalen Treibhausgase zu halbieren, müssen wir den Ausstoß von Kohlendioxid weltweit auf zwei Tonnen pro Person und Jahr begrenzen. Da derzeit jeder Deutsche etwa zehn und jeder US-Amerikaner rund 20 Tonnen Kohlendioxid produziert, wird deutlich, dass die Industriestaaten ihre Emissionen also wesentlich stärker reduzieren müssen.
Das Bundeskabinett hat im Dezember 2007 das "Integrierte Energie- und Klimaschutzprogramm" beschlossen. Bis zum Jahr 2020 sollen die Kohlendioxidemissionen in Deutschland um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden, wenn die Europäische Union ihre Kohlendioxidemissionen um 30 Prozent mindert.
Schleswig-Holstein unterstützt die Bundesregierung in ihrem Engagement für einen weltweiten Klimaschutz und wird einen aktiven Beitrag leisten. Wir haben deshalb im Landeskabinett im Januar 2008 einen ambitionierten und konkreten "Aktionsplan Klimaschutz" verabschiedet.
Im vergangenen November hat die Zeitschrift GEO die Ergebnisse einer Umfrage zum Klimaschutz in den Bundesländern veröffentlicht.
Schleswig-Holstein hat zweimal Spitzenplätze erreicht, nämlich Platz 1 bezüglich der Wärmedämmung an Altbauten und Platz 2 beim Anteil erneuerbarer Energien.
Insgesamt, d.h. bei Berücksichtigung aller 20 Kategorien, liegt Schleswig-Holstein mit Platz 5 im vorderen Feld.
Doch auf diesen Lorbeeren wollen und werden wir uns nicht ausruhen. Vielmehr stellen wir mit dem "Aktionsplan Klimaschutz" jetzt ein Bündel konkreter, kurz- bis mittelfristig umsetzbarer Klimaschutzmaßnahmen für Schleswig-Holstein vor.
Hierzu zählt beispielsweise der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Windkraft ist seit vielen Jahren ein wichtiges Standbein der Energiepolitik im Land. Unser Ziel ist es, bis 2020 rechnerisch mindestens 100 Prozent des Stromverbrauchs in Schleswig-Holstein klimafreundlich aus Windenergie zu erzeugen.
Mit dem "Aktionsplan Klimaschutz" werden wir künftig die Rahmenbedingungen für die Windenergienutzung verbessern.
So wollen wir mit dem Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2009 unter anderem verankern, dass die Regionalpläne ein Prozent der Landesfläche als Eignungsfläche für Windenergie ausweisen sollen. Zudem wollen wir die Regelungen der Landesplanung für das Repowering von Windkraftanlagen flexibilisieren und damit verbessern.
Ein Engpass für die Nutzung erneuerbarer Energien ist die Einspeisung ins Netz. Dafür müssen dringend neue Stromleitungen gebaut oder vorhandene Leitungen entsprechend verstärkt werden.
Um dies zu beschleunigen und Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen, sind Erdkabel - im Vergleich zu Freileitungen - vielfach die bessere Lösung. Wir werden daher eine landesgesetzliche Regelung prüfen, ob unter bestimmten Rahmenbedingungen - beispielsweise geringem Abstand von Wohn- und Schutzgebieten - in den Planungsverfahren Erdkabel vorgeschrieben werden können.
Fragen der Wirtschaftlichkeit sollen dabei berücksichtigt werden.
Die Energieerzeugung ist die bedeutendste Quelle von Treibhausgasemissionen. Das betrifft vor allem Kohlekraftwerke. Wir wollen deshalb erreichen, dass beim Neubau von Kohlekraftwerken der jeweils neueste Stand der Technik zu beachten ist, also nur Anlagen mit den höchsten elektrischen Wirkungsgraden errichtet werden. Gleichzeitig wollen wir erreichen, dass es eine geeignete Standortwahl ermöglicht, zusätzlich die Abwärme zu nutzen.
Sollen Kohlekraftwerke in Schleswig-Holstein errichtet werden, werden wir uns dafür einsetzen, dass die Kraft-Wärme-Kopplung möglichst ausgeschöpft wird. Unser Ziel ist es, einen Anteil von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung von 25 Prozent vor dem Jahr 2020 zu erreichen.
Wir prüfen mit anderen Bundesländern eine Bundesratsinitiative inwieweit im Immissionsschutzrecht klimaschutzfördernde Rahmenbedingungen für den Neubau von Kohlekraftwerken verankert werden können.
Das betrifft die Forderung, den Stand der Technik fortlaufend voranzutreiben und die Verpflichtung, möglichst nur Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen zu bauen.
Weiterhin wollen wir erreichen, dass Kohlekraftwerke verpflichtet werden, zum frühest möglichen Zeitpunkt Technologien zur CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) nachzurüsten.
Anrede,
wir wissen, dass wir die europäischen und nationalen Ziele, den Kohlendioxidausstoß zu senken, nur erreichen, wenn wir die erneuerbaren Energien ausbauen. Auf die für Schleswig-Holstein so wichtige Windenergie bin ich bereits eingegangen.
Einen Beitrag dazu muss aber auch die Biomasse liefern, dies jedoch mit Augenmaß. Wir wollen deshalb vorrangig die ohnehin anfallenden biogenen Reststoffe wie Stroh, Holz, Ernterückstände und Gülle energetisch nutzen und danach den Anbau von Energiepflanzen forcieren. Die auf landwirtschaftlichen Nutzflächen produzierte Energie muss dabei so effizient wie möglich genutzt werden, deshalb steht hier an erster Stelle die Nutzung der Biomasse für Wärme und Strom (Kraft-Wärme-Kopplung).
Wir wollen aber auch im eigenen Handeln der Landesregierung vorbildhaft sein. Im Haushalt 2007/2008 stehen insgesamt zwei Millionen Euro für Energieeinsparungen in den Landesliegenschaften bereit.
Wir wollen zudem unseren "Fuhrpark" klimagerechter machen, indem wir die Emissionen unserer Dienstwagen senken.
Anrede,
der Aktionsplan Klimaschutz der Landesregierung sieht Maßnahmen in vielen Handlungsfeldern vor, so z.B. den Klimaschutzorientierten Städtebau:
Ziel ist es, in Stadtentwicklung und Baurecht Grundlagen für die weitergehende Berücksichtigung des Klimaschutzes, der Energieeinsparung, der verstärkten Nutzung von erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung zu schaffen.
Dabei werden Vorschlägen erarbeitet und die Initiative des Bundes für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm konstruktiv begleitet. Insbesondere sind
folgende Optionen näher zu prüfen:
Im Bereich der Energieeinsparverordnung und des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz ein schlüssiges und abgestimmtes Konzept für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien zu schaffen, das städtebaulichen Belangen Rechnung trägt;
verstärkt einen expliziten Bezug zwischen den klimapolitischen Zielen und konkreten städtebaulichen Maßnahmen und Festlegungen herzustellen;
Klarstellung, dass auch globale, nicht nur regionale Aspekte des Klimaschutzes Grundlage städtebaulicher Konzepte sein können.
Das Ziel dieser Maßnahmen ist zum einen, die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden im Klimaschutz weiter zu stärken, beispielsweise durch Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Nutzung von erneuerbaren Energien, für energetische Standards von Gebäuden oder zum Anschluss- und Benutzungszwang an Wärmenetze aus Kraft-Wärme-Kopplung oder erneuerbaren Energien. Zum anderen geht es darum, Kommunen, die von sich aus weniger aktiv sind, für mehr Klimaschutzmaßnahmen zu motivieren.
Weiterhin zum Beispiel die Förderung von klimaschutz- und energiebezogenen Maßnahmen im Rahmen des Schleswig-Holstein-Fonds. Hierbei sind die Ziele Energieeinsparung, die Energieeffizienz und die Kraft-Wärme-Kopplung.
Aktuelle Schwerpunkte der Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen im Rahmen des Schleswig-Holstein-Fonds sind:
Energieoptimierte Gebäudesanierung: Förderung der erhöhten Aufwendungen zur Verbesserung des Wärmedämmstandards für bestehende Gebäude auf den Neubaustandard nach der Energieeinsparverordnung (EnEV).
Energiesparende Neubauvorhaben: Senkung des Energiebedarfs bei Neubauten um mindestens 45 % unter die gesetzliche Anforderung der EnEV hinaus.
Vakuumisolationspanele: Förderung der Vakuumdämmung als besonders innovative und Platz sparende Wärmedämmung im Zuge des experimentellen Bauens
Wasserstoff-, Brennstoffzellentechnologie und Festkörperbatterien: Förderung von Projekten mit dem Ziel, die Wasserstoffgewinnung und -anwendung zur technischen Anwendungsreife zu bringen, um z. B. für Windstrom bei Angebotsspitzen und Nachfragetälern sowie mangels ausreichender Übertragungskapazitäten ein Speichermedium mit anschließender sinnvoller Anwendung zu haben.
Objekt-BHKW: Beistellung von KWK-Aggregaten mit einer Leistung von 10 bis 40 kWel an Heizungsanlagen
"Unbundelte" Wärmenetze (mit eigentumsrechtlicher Trennung von der Wärmeerzeugung) soweit mindestens 50 % der eingespeisten Jahreswärmearbeit aus KWK-Anlagen oder mindestens 50 % aus einem mit Biomasse befeuerten Heizwerk gedeckt wird (die Landesförderung wird ab 2008 die erweiterte Bundesförderung von Wärmenetzen im Rahmen des EEG und KWK-G berücksichtigen).
Entwicklungs- und P+D-Vorhaben: Förderung von Projekten zur Senkung des Energiebedarfs, Steigerung der Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien, soweit sie Entwicklungs-, Pilot- oder Demonstrationscharakter haben.
Der Zeitplan der Förderung erfolgt 2006 bis 2009 bei einem Finanzbedarf 2006 bis 2009 von insgesamt 10,6 Mio. €.
Angedacht ist ebenfalls ein Wettbewerb, der unter dem Motto die "100%-Erneuerbare Energien-Gemeinde" steht.
Dies sind Pilotprojekte für Kommunalen Klimaschutz mit dem Ziel, Vorbildcharakter zu schaffen. Projekte, die zeigen, dass Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen durch Energieeinsparung und eine möglichst 100% Versorgung auf Basis von erneuerbaren Energien in Kombination mit Energieeinsparung möglich ist.
Getragen wird dieser Wettbewerb von Kommunen zur Umstellung der Versorgung auf 100% Erneuerbare Energien als Projekt der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein gemeinsam mit MWV, MLUR sowie dem Klimabündnis in 2009:
Kommunen werden bereits bei der Erstellung der Wettbewerbsunterlagen unterstützt
Als Preis für die ausgezeichnete(n) Kommunen wird die Umsetzung des Konzepts für eine Vollversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien aus geeigneten Programmen auf Landesebene sowie Dritter (z.B. Deutsche Bundesstiftung Umwelt, EU) unterstützt.
Die Vollversorgung wird in der Regel eher rechnerisch als "physikalisch" und einzeln für Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung erreichbar sein. Autarkie ist also nicht das Ziel.
Wichtig ist ein Gesamtkonzept der Gemeinde für Energieeinsparung, Kraft-Wärme-Kopplung und die Deckung des verbleibenden Bedarfs mit erneuerbaren Energien.
In Schleswig-Holstein gibt es diverse Kommunen, die an Konzepten für eine Vollversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien arbeiten oder bereits in der Umsetzung sind:
Die Insel Pellworm hat ein Energiekonzept, um bis 2010 eine CO2-freie Energieversorgung aufzubauen. Mit Wind-, Solarenergie und einer Biogasanlage hat Pellworm bereits einen hohen Anteil erneuerbarer Energien zur Wärme- und Stromerzeugung vorzuweisen.
Eine frühe Initiative ging von dem Präsidenten des Bundesverbandes Bio-Energie Lamp für die Gemeinde Süsel aus.
Für die Region Wiedingharde liegt ein umfassendes Konzept (Wärme, Strom, Mobilität) unter dem Titel WEG - Wiedingharder Energie Gesellschaft vor.
Aktuelles Interesse hat der Bürgermeister der Gemeinde St. Michaelisdonn bekundet.
Die Pellet-Region Schönberg will durch eine Kombination von Öffentlichkeitsarbeit und Beratung sowie einer attraktiven Förderung den Anteil von Holzpelletheizungen bei Neubauten und im Wohnungsbestand signifikant erhöhen.
Weiterhin gibt es zahlreiche Anknüpfungspunkte und vergleichbare Initiativen in anderen Bundesländern und EU-Staaten:
Die Europäische Kommission hat mit dem Projekt "Kampagne für den Durchbruch" Kommunen identifiziert, die sich das Ziel gesetzt haben, ihre Energieversorgung zu 100% aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg hat als eine der ersten Regionen in Europa den Partnerschaftsvertrag unterzeichnet.
Anfang 2009 soll der Start des Wettbewerbs erfolgen.
Abschließen möchte ich diesen kleinen Strauß an Maßnahmen mit dem Förderprogramm "Investitionspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zur energetischen
Modernisierung sozialer Infrastruktur in den Kommunen" aus dem Handlungsfeld Bauen und Wohnen.
Ziel ist die Energieeinsparung und CO2-Minderung an unmittelbaren oder mittelbaren öffentlichen Gebäuden.
Hierbei soll die energetische Modernisierung sozialer Infrastruktur in den Kommunen (großer Gebäudebestand mit hohem Energieeinsparpotential) durch das Zuschussprogramm "Investitionspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zur energetischen Modernisierung sozialer Infrastruktur in den Kommunen" gefördert werden.
Zielgruppe sind vor allem die Kommunen mit angespannter Haushaltslage, aber auch Kommunen in den Förder- und Untersuchungsgebieten der Städtebauförderung.
Anrede,
Klimaschutz und Klimawandel bergen neben Herausforderungen auch Chancen.
Pionierleistungen bei den Erneuerbaren Energien mit entsprechenden weltweiten Vermarktungschancen sind da ein Beispiel.
Nutzen wir diese Chancen!
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